Gastbeitrag von Dr. Malte Bödeker und Dr. Anna Streber
„Bewegung und Sport: wichtig für unsere Gesundheit und die Gesellschaft“
Warum es sich lohnt, in Bewegungsförderung und Sport zu investieren und wie essenziell körperliche Aktivität für unser physisches, psychisches und soziales Wohlbefinden ist, erläutern Dr. Malte Bödeker und Dr. Anna Streber, Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BIÖG), in ihrem Gastbeitrag zur BVPG-Statuskonferenz „Bewegung, Sport und Gesundheit“.
Die Wirkungen körperlicher Aktivität auf unsere Gesundheit sind vielfältig und gut belegt. So verbessert beispielsweise regelmäßiges Gehen unter anderem die mentale Gesundheit, die Schlafqualität und die kardio-respiratorische Fitness und reduziert zugleich Bluthochdruck und die Gesamtsterblichkeit (WHO, 2022). Zudem sind die positiven Effekte von körperlicher Aktivität auf die Mortalität und Morbidität in unterschiedlichen Kontexten - von Freizeit über Mobilität und Haushalt bis zur Arbeit - nachgewiesen.
Eindrücklich sind die Belege insbesondere für körperliche Aktivitäten in der Freizeit sowie in Form aktiver Mobilität (Quinn & Barone Gibbs, 2023). Beide sind zusätzlich mit je unterschiedlichen positiven Effekten, sogenannten „Co-Benefits“ für die öffentliche Gesundheit verbunden, die zunehmend in Studien zum gesamtgesellschaftlichen Nutzen oder auch „(Social) Return on Investment“ Berücksichtigung finden. Letzteres meint die Rentabilität einer Investition, also ob es sich finanziell auszahlt, in einen Bereich Finanzmittel zu investieren.
Abbildung: Public Health Relevanz von körperlicher Aktivität (eigene Darstellung nach Quinn & Barone Gibbs, 2023; WHO, 2020; Pfeifer et. al, 2017; Sallis et. al. 2006)

Körperliche Aktivität als „Best Buy“ in der Prävention
Besondere Public Health Relevanz hat die Förderung körperlicher Aktivität für die Prävention nichtübertragbarer Erkrankungen (Non-Communicable Diseases, NCD). So zeigt ein aktueller Bericht für die WHO-Region Europa (WHO, 2025a), dass
- zehn Staaten die zwischen 2010 und 2025 angestrebte, 25-prozentige Reduktion der Mortalität aufgrund nichtübertragbarer Erkrankungen vorzeitig erreichen und
- sieben dieser zehn Staaten dazu insbesondere auch den Bewegungsmangel reduzieren konnten.
Die WHO führt diesen Erfolg von Ländern wie Belgien, Dänemark und den Niederlanden auf die konsequente Umsetzung sogenannter „Best Buys“ - also besonders kosteneffektiver Maßnahmen zur Prävention nichtübertragbarer Erkrankungen - zurück. Im Bereich der Bewegungsförderung zählen hierzu beispielsweise Kurzberatungen im Rahmen der Krankenversorgung, Mehrebenenkampagnen in Verknüpfung mit lokalen Programmen und bewegungsfreundlichen Verhältnissen oder auch verbesserte Infrastrukturen für aktive Mobilität, Breitensport- und Freizeitangebote. Für die Umsetzung dieser „Best Buys“ sind allerdings tragfähige Strukturen für Health in All Policies (HiAP) erforderlich, insbesondere zur sektoren- und ressortübergreifenden Koordinierung und Steuerung sowie dem Wissenstransfer (WHO, 2017).
Welche Co-Benefits gibt es in den Bereichen aktive Mobilität & Sport?
Die Zusammenarbeit über die Sektoren hinweg wird auch am Beispiel der aktiven Mobilität sichtbar. Die Fortbewegung aus eigener Muskelkraft - vor allem durch Zufußgehen und Radfahren, aber auch durch andere Formen der Fortbewegung, z. B. mit Tretrollern und Skateboards - bietet Möglichkeiten, die Bewegungsempfehlungen zu erreichen. Sie trägt neben dem gesundheitlichen Nutzen auch zum Umwelt- und Klimaschutz sowie zu sozialer Teilhabe und wirtschaftlicher Produktivität bei. Jeder investierte Euro in diesem Bereich zahlt sich als „Return on Investment“ mehrfach aus (Bland, Burke & Bertolaccini, 2024; WHO, 2021 & 2025b).
Ein ähnlich positives Bild zeigt sich für den Breiten- und Gesundheitssport: Neben seinem gesundheitlichen Nutzen zeichnet er sich durch „Co-Benefits“ in den Bereichen soziale Teilhabe, Bildung, Kriminalprävention und wirtschaftlicher Produktivität aus (Gosselin, Boccanfuso & Laberge, 2020; Davies et al., 2025). Mit noch erweiterter Methodik kann auch dieser gesamtgesellschaftliche Nutzen anhand des sogenannten „Social Return on Investment“ berechnet werden. Aktuell zeigt dies eindrücklich die Studie der Deutschen Sportjugend (DSJ, 2025). Und auch vorausgehende Studien bestätigen, dass sich Investitionen in den Breiten- und Gesundheitssport mehrfach rechnen (u. a. Stielke et al., 2024).
Fazit
- Bewegungsförderung und Sport sind ein starker Hebel in der Prävention, um unseren gesellschaftlichen Herausforderungen entgegenzutreten.
- Sie wirken über den Bereich der Prävention nichtübertragbarer Krankheiten hinaus.
- Kontextspezifische „Co-Benefits“ steigern die Public Health-Relevanz von Bewegung zusätzlich.
- Investieren lohnt sich: Der (Social) Return on Investment für präventive Maßnahmen ist belegt und stets größer als 1:1.
BVPG-Blogbeiträge zur Statuskonferenz „Bewegung, Sport und Gesundheit“
Interview mit Prof. Dr. Klaus Pfeifer, Lehrstuhl für Sportwissenschaft mit Schwerpunkt Bewegung und Gesundheit an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg: „Körperliche Aktivität: mehr Gesundheit, weniger ökonomische Belastung“
Weitere Informationen zur BVPG-Statuskonferenz „Bewegung, Sport und Gesundheit“ finden Sie hier.
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Dr. Malte Bödeker | Leiter des Referats „Kinder und Heranwachsende, Schule und Kita, Laienreanimation“ und Koordinator des abteilungsübergreifenden Arbeitsfelds „Bewegung und Bewegungsförderung“ im Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BIÖG). Schwerpunkte in den Bereichen kommunale Gesundheits- und Bewegungsförderung, Health in All Policies, Gesundheitskommunikation. Dr. Bödeker hat an der Universität Bielefeld im Bereich Gesundheitswissenschaften zum „Einfluss der Wohnumgebung auf die körperliche Aktivität“ promoviert.
Dr. Anna Streber | Referentin im Referat „Kinder und Heranwachsende, Schule und Kita, Laienreanimation“ des Bundesinstituts für Öffentliche Gesundheit (BIÖG). Sie arbeitet in der European Joint Action Prevent NCDs zu Bewegungsförderung, Beteiligungsverfahren und gesundheitlicher Chancengleichheit. Dr. Anna Streber hat an der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen-Nürnberg im Bereich Sportwissenschaft mit Schwerpunkt auf kommunaler Bewegungs- und Gesundheitsförderung promoviert.
Referenzen
Bland, Burke, & Bertolaccini (2024). Taking steps toward healthy & sustainable transport investment: A systematic review of economic evaluations in the academic literature on large-scale active transport infrastructure. International Journal of Sustainable Transportation, 18(3), 201-220.
Davies, Jiménez, Nieto, Mayo, Xian and Reece (2025): Understanding the social return on investment of physical activity and sport: developing an international consensus. Exercise, Sport and Movement, 3 (1S).
Deutsche Sportjugend (dsj) im DOSB e.V. (2025). Was Kinder- und Jugendsport wirklich leistet. Eine Einführung in die gesellschaftliche Wirkung des Kinder- und Jugendsports anhand der SROI-Analyse der Deutschen Sportjugend.
Gosselin, Boccanfuso & Laberge (2020): Social return on investment (SROI) method to evaluate physical activity and sport interventions: a systematic review. Int J BehavNutrPhys Act17, 26 (2020).
Pfeifer, K., Banzer, W., Ferrari, N., Füzéki, E., Geidl, W. & Graf, C. (2017). Empfehlungen für Bewegung. In A. Rütten & K. Pfeifer (Hrsg.), Nationale Empfehlungen für Bewegung und Bewegungsförderung (Forschung und Praxis der Gesundheitsförderung, Sonderheft 3, S. 18-50). Köln: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.
Sallis, J. F., Cervero, R. B., Ascher, W., Henderson, K. A., Kraft, M. K. & Kerr, J. (2006). An ecological approach to creating active living communities. Annual Review of Public Health, 27, 297-322.
Stielke, Ashton, Cotter-Roberts and Dyakova (2024); The social return on investment of physical activity and nutrition interventions - a scoping review. Front. Sports Act. Living5:1296407. doi: 10.3389/fspor.2023.1296407
Quinn, T. D., & Barone Gibbs, B. (2023). Context Matters: The Importance of Physical Activity Domains for Public Health. Journal for the Measurement of Physical Behaviour, 6(4), 245-249.
World Health Organization (2017): Tackling NCDs. „best buys“ and other recommended interventions for the prevention and control of noncommunicable disease.
World Health Organization (2020): Constitution of the World Health Organization. In: World Health Organization. Basic documents: forty-ninth edition.
World Health Organization (2021): HEAT - Health Economic Assessment Tool. Methodology and user guide.
World Health Organization (2022): Walking and cycling: latest evidence to support policy-making and practice.
World Health Organization (2025a): Avoidable mortality, risk factors and policies for tackling noncommunicable diseases - leveraging data for impact.
World Health Organization (2025b): Examples of applications of the Health Economic Assessment Tool for cycling and walking.
