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Beitrag von Susanne Herbel-Hilgert und Sandra Helms

„Eine gesunde Zukunft gestalten - gemeinsam und vernetzt in Rheinland-Pfalz“

Susanne Herbel-Hilgert, kommissarische Geschäftsführerin der Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e.V. (LZG), und ihre Stellvertreterin Sandra Helms geben Einblicke in gelungene Kooperationsstrukturen und zeigen auf, mit welchen Ansätzen vulnerable Gruppen in kommunalen Lebenswelten wirksam erreicht werden können.

© Peter Pulkowski

 

Die Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e.V. (LZG) bringt seit über 50 Jahren Menschen, Institutionen und Ideen zusammen, um Gesundheitsförderung gemeinsam weiterzuentwickeln. Sie vernetzt 77 Mitgliedsorganisationen sowie weitere Partnerinnen und Partner aus den Bereichen Gesundheit, Bildung und Soziales und koordiniert landesweite Projekte und Programme. Institutionell gefördert durch das Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit Rheinland-Pfalz arbeitet der gemeinnützige Verein mit 68 Mitarbeitenden daran, gesundheitliche Chancengleichheit im ganzen Land zu fördern.


Rheinland-Pfalz: Gesundheit zwischen Stadt und Land

Rheinland-Pfalz ist ein Flächenland mit drei Ballungsräumen entlang des Rheins. Zwischen den Großstädten spannt sich ein weiter ländlicher Raum mit mehr als 2.400 Kommunen. Während die Städte wachsen, verlieren viele ländliche Regionen Versorgungsstrukturen. Ein Fünftel der Bevölkerung ist älter als 65 Jahre, jeder dritte Haushalt ist ein Einpersonenhaushalt. Die Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz beobachtet in ihren Abrechnungsdaten einen Anstieg psychischer Diagnosen bei Erwachsenen und auch bei Minderjährigen - deutliche Hinweise darauf, dass Gesundheitsförderung und Prävention auch für Rheinland-Pfalz immer mehr an Bedeutung gewinnen.


Kommunale Gesundheitsförderung als Netzwerkaufgabe

Im Zuge der Landesrahmenvereinbarung zum Präventionsgesetz wurde 2016 in Rheinland-Pfalz eine einzigartige Struktur etabliert: Neben drei lebensphasenorientierten Landespräventionsnetzwerken wurde das Netzwerk „Kommunale Gesundheitsförderung“ gegründet. Die Koordinierungsstelle Gesundheitliche Chancengleichheit Rheinland-Pfalz (KGC), die von der LZG getragen wird, übernimmt in diesem Netzwerk Koordinierungs- und Moderationsaufgaben. Darüber hinaus ist die LZG auch in die anderen Landespräventionsnetzwerke aktiv eingebunden.

Im Auftrag des GKV-Bündnisses und in Kooperation mit der Landesregierung und der Unfallkasse Rheinland-Pfalz bietet die KGC vielfältige Beratungs- und Weiterbildungsleistungen für Kommunen an. Im Themenbereich Klimawandel und Gesundheit wirkt die KGC als Motor, um dieses bedeutsame Arbeitsfeld stärker in Projekten und Veranstaltungen der LZG zu verankern.

Die im Jahr 2023 gegründete Arbeitsgemeinschaft Kommunale Gesundheitsförderung (AG KGF) bringt Praktikerinnen und Praktiker aus 16 Landkreisen und sechs kreisfreien Städten zum Austausch zusammen. Daraus resultiert eine immer stärker werdende Gemeinschaft, die zeigt, dass Kooperation und Wissenstransfer die Basis sind, um Menschen mit unseren Angeboten zu erreichen - insbesondere im kommunalen Setting.


Gesund aufwachsen in Rheinland-Pfalz - Schulgesundheitsfachkräfte

Für die Arbeit der LZG in den Lebenswelten Kita und Schule ist vor allem das Projekt “Schulgesundheitsfachkräfte“ hervorzuheben, das in Kooperation mit dem Bildungsministerium und der Universitätsmedizin Mainz durchgeführt wird. In Rheinland-Pfalz sind aktuell an Grundschulen in sozial herausfordernden Lagen 31 Schulgesundheitsfachkräfte tätig, die bei der LZG angestellt sind. Als spezialisierte Pflegekräfte tragen sie zur bedarfsorientierten Gesundheitsvorsorge und -versorgung von Grundschulkindern bei. Im Rahmen ihrer Tätigkeit leisten sie Erste Hilfe, verabreichen Medikamente und unterstützen Schülerinnen und Schüler mit chronischen Erkrankungen. Zudem können psychische Auffälligkeiten frühzeitig erkannt und entsprechende Unterstützungsmaßnahmen angestoßen werden. Grundlage für ihren Einsatz sind die im Rahmen der Zusammenarbeit entwickelten Qualitätsstandards.

Die Evaluation des Projekts “Schulgesundheitsfachkräfte“ (PDF) zeigte, dass an Schulen mit Schulgesundheitsfachkräften die Fehlzeiten zurückgehen. Dies hat wiederum einen positiven Einfluss auf Lernvoraussetzungen und Bildungserfolg.


Mitgestalten! Vulnerable Dialoggruppen erreichen und Partizipation ermöglichen

Gemeinsam mit unseren Kooperationspartnerinnen und -partnern beschäftigt uns in allen Projekten die Frage, wie wir Menschen in schwierigen sozialen Lagen besser erreichen und ihre Mitwirkung ermöglichen können. Ein Beispiel für partizipative Gesundheitsförderung im Rahmen des Programms „teamw()rk für Gesundheit und Arbeit“ ist das „Netzwerk Mitgestalten! RLP“. Hier bringen Lebensweltexpertinnen und -experten eigene Erfahrungen mit Erwerbslosigkeit ein und entwickeln Ideen für Gesundheitsförderung. So entstehen Maßnahmen in den Regionen, die an den tatsächlichen Lebenslagen ansetzen und die Gesundheitskompetenz sowie die soziale Teilhabe erwerbsloser Menschen stärken.

Die KGC führt das Programm „teamw()rk“ seit 2017 im Auftrag des GKV-Bündnisses in Rheinland-Pfalz durch. An 21 Standorten sind breite Kooperationen mit Jobcentern, Agenturen für Arbeit und den Kommunen bzw. Landkreisen entstanden. Die wöchentlichen Gesundheitsangebote sind niedrigschwellig und vielfältig - rund um Bewegung, Ernährung und seelische Gesundheit. Das Programm ist strukturell in die Netzwerke der Landesrahmenvereinbarung in Rheinland-Pfalz und die Arbeit der Landesarmutskonferenz eingebunden.


Förderung der psychischen Gesundheit als Querschnittsaufgabe

Die psychische Gesundheit ist ein Handlungsfeld mit hoher Priorität in der Landesrahmenvereinbarung und hat für uns als Querschnittsaufgabe eine zentrale Bedeutung.

Das Gesundheitsministerium Rheinland-Pfalz fördert seit 2009 die Bildung und Weiterentwicklung von lokalen Bündnissen gegen Depression sowie als neues Angebot das psychNAVi RLP, das der besseren Orientierung im Versorgungssystem dient. Das Online-Tool fasst das psychiatrisch-psychotherapeutische Hilfesystem in Rheinland-Pfalz zusammen und ermöglicht es Betroffenen, Angehörigen oder Fachkräften, Hilfs- und Unterstützungsangebote für Menschen mit psychischen Erkrankungen in Wohnortnähe zu recherchieren. Basierend auf dem psychNAVi der ASB Gesellschaft für seelische Gesundheit mbH Bremen wurde es in Zusammenarbeit mit den Koordinatorinnen und Koordinatoren für Gemeindepsychiatrie an rheinland-pfälzische Verhältnisse angepasst. Auch in diesem Handlungsfeld ist unsere Zusammenarbeit mit den kommunalen Akteurinnen und Akteuren die Basis wirksamen Handelns vor Ort.

Den Ansatz, Hilfe direkt zu den Menschen zu bringen, verfolgt das Projekt “Gesundheit für alle!“. Es unterstützt Gesundheitsämter und weitere Fachkräfte dabei, Menschen in schwieriger sozialer Lage und mit Sprachbarrieren zu erreichen und vermittelt ihnen Resilienzstrategien sowie konkrete Hilfsangebote. Erstmals wurde hier ein mobiles psychosoziales Beratungsangebot etabliert: In einem Gesundheitsmobil standen an zentralen Anlaufstellen im ländlichen Raum Fachkräfte für Gespräche zur Verfügung - mit guter Resonanz und als mögliche Blaupause für weitere ländliche Regionen.


Bewegungsförderung und Prävention von Einsamkeit

Seit 2015 führt die LZG erfolgreich eine Bewegungskampagne für ältere Menschen durch. Nach einer längeren Förderphase durch das GKV-Bündnis für Gesundheit wird sie seit 2025 vom Ministerium für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung unterstützt. Unter dem Titel „Dabei sein bewegt!“ steht jetzt die Einsamkeitsprävention mit im Fokus.

Das Prinzip: Ehrenamtliche werden in Zusammenarbeit mit Partnerorganisationen zu Bewegungsbegleiterinnen und -begleitern ausgebildet und führen anschließend an ihrem Wohnort niedrigschwellige, kostenlose Bewegungsangebote durch. Zudem bringen sie verfügbare Begegnungs- und Kontaktmöglichkeiten ins Gespräch und bahnen Aktivitäten an. Sowohl die Bewegungsangebote als auch die Schulungen treffen auf große Nachfrage. Seit Beginn wurden rund 900 Ehrenamtliche geschult. Derzeit gibt es landesweit über 200 Bewegungsgruppen, die über eine interaktive Landkarte unter lzg-bewegungslandkarte.de leicht auffindbar sind.

Aussagen von Teilnehmenden belegen, dass die wöchentlichen Übungsstunden nicht nur ein Gewinn für Kraft und Mobilität sind, sondern auch die Geselligkeit und das seelische Wohlbefinden stärken. Die Kampagne zeigt exemplarisch, wie stark ehrenamtliches Engagement zur Gesundheitsförderung beitragen kann.


Perspektiven für nachhaltige Gesundheitsförderung

Wir wünschen uns für unsere künftige Arbeit eine Stärkung der Gesundheitsförderung, die nicht von befristeten Projekten abhängt, sondern strukturell und nachhaltig verankert ist. Gerade in der aktuellen gesellschaftlichen Situation gewinnen Maßnahmen, die Wohlbefinden, Resilienz, Zusammenhalt und Teilhabe stärken, zunehmend an Bedeutung. Wer sich sicher und eingebunden fühlt, ist weniger anfällig für Misstrauen oder ausgrenzende Haltungen. Die LZG wird sich weiter dafür engagieren, indem sie Räume für Beteiligung schafft, Gesundheitskompetenz fördert, Kooperationen sucht und Projekte unterstützt, die Verbundenheit und Selbstwirksamkeit stärken.

Für die Umsetzung unserer Aufgaben haben wir in Rheinland-Pfalz starke Partnerschaften, die wir sehr schätzen und weiter stärken wollen. Die etablierten Netzwerke betrachten wir als wichtige Ressource für die Weiterentwicklung der Gesundheitsförderung und Prävention im Land. Auch die Impulse, die die BVPG in die bundesweite Gesundheitsförderung einbringt, sind für unsere Arbeit wertvoll. Wir profitieren vom Blick über die Ländergrenzen, von gemeinsamen Positionen und von der Orientierung an übergreifenden Strategien. Viele Schwerpunkte der BVPG decken sich mit unserer eigenen Zielsetzung, etwa die Stärkung der kommunalen Gesundheitsförderung, die Förderung gesundheitlicher Chancengleichheit, partizipative Ansätze und der Blick auf die psychische Gesundheit. Diese gemeinsame Linie unterstützt uns dabei, unsere Arbeit in Rheinland-Pfalz weiterzuentwickeln und sie in die bundesweite Diskussion einzubetten.

Nach einer 15-monatigen Übergangszeit wird die Geschäftsführungsstelle der LZG zum 1. Januar 2026 neu besetzt. Dies bringt organisatorische Herausforderungen mit sich. Unser Ziel ist es, die LZG zum Jahreswechsel stabil und zukunftssicher aufzustellen.


Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e.V. (LZG)

Logo der Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e.V. (LZG)
© LZG Rheinland-Pfalz e.V.
Geschäftsführung: Susanne Herbel-Hilgert, kommissarisch / Sandra Helms, stellvertretend
Gründung: 1973
Schwerpunktthemen: Gesund aufwachsen, gesundheitliche Chancengleichheit, kommunale Gesundheitsförderung
Anzahl Mitarbeitende: 68, davon 31 Schulgesundheitsfachkräfte
Anzahl Mitglieder: 77 Verbände, Vereine und Organisationen vor allem aus den Bereichen Gesundheit, Bildung, Selbsthilfe und Wohlfahrt
Organisationsstruktur: Eingetragener gemeinnütziger Verein
Finanzierung: Institutionelle Förderung durch die Landesregierung Rheinland-Pfalz/Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit. Projektförderung durch verschiedene Ministerien (vor allem Ministerium für Bildung, Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit) sowie durch die gesetzlichen Krankenversicherungen.
Website: www.lzg-rlp.de
Sonstiges / weitere Informationen: 2016 Gründung der LZG-Akademie gGmbH zur Schulung von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen. Ein großes Arbeitsfeld der Akademie sind jährlich mehrere tausend Schulungen zur Glücksspielsuchtprävention nach § 5a des Landesglücksspielgesetzes Rheinland-Pfalz.

 

Susanne Herbel-Hilgert | Seit Oktober 2024 kommissarische Geschäftsführerin der Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e.V. (LZG), davor ab 2015 stellvertretende Geschäftsführerin; Diplom-Psychologin, examinierte Kranken- und Gesundheitspflegerin, Dozentin an der Katholischen Hochschule Mainz. Mitarbeiterin der LZG seit 2009 mit den Arbeitsschwerpunkten Demografischer Wandel, Demenz und psychische Gesundheit.

Sandra Helms | Seit März 2025 kommissarische stellvertretende Geschäftsführerin der LZG, seit Oktober 2024 Geschäftsführerin der LZG-Akademie gGmbH. Dipl.-Sozialarbeiterin, Public Health M.A., Mitarbeiterin der LZG seit 2003 mit den Schwerpunkten Gesundheitsförderung in der Schule, Suchtprävention und Gesundheitsförderung für Menschen in Erwerbslosigkeit.

In 13 Bundesländern gibt es Landesvereinigungen bzw. Landeszentralen für Gesundheit(sförderung), die über die BVPG auf Bundesebene vertreten werden. Jährlich finden zwei Kooperationstreffen mit den Landesvereinigungen und der BVPG statt.