Beitrag von Svenja Langemack
„Gesundheit fördern. Chancengleichheit stärken. Für alle in Schleswig-Holstein!“
Svenja Langemack, Geschäftsführerin der Landesvereinigung für Gesundheitsförderung in Schleswig-Holstein e.V. (LVGFSH), stellt erfolgreiche intersektorale Netzwerkarbeit im nördlichsten Bundesland vor und berichtet über praxisnahe Ansätze zur Stärkung der psychischen Gesundheit – dem aktuellen Fokusthema der LVGFSH.
Schleswig-Holstein steht als Flächenland zwischen den Meeren mit rund 2,96 Millionen Menschen vor komplexen Herausforderungen im Spannungsfeld von Demografie, Sozialstruktur und Gesundheit. Der Altersdurchschnitt von 45,8 Jahren lag im Jahr 2024 über dem Bundesdurchschnitt. Während urbane Räume wie Kiel, Lübeck oder Flensburg eher wachsen, verzeichnen viele ländliche Regionen Bevölkerungsverluste und eine Überalterung. Gleichzeitig verschärfen sich soziale Ungleichheiten: Rund 16,7 Prozent der Bevölkerung galten 2023 als armutsgefährdet (Kinder in 2022: 22,5 Prozent). Armut ist dabei nicht nur ein soziales, sondern auch ein gesundheitliches Risiko – mit Folgen wie unausgewogener Ernährung, psychischem Stress und eingeschränkter Gesundheitsvorsorge.
Diese demografischen und sozialen Entwicklungen wirken sich auf den Gesundheitsstatus der Bevölkerung aus: Chronische Erkrankungen und Gesundheitsprobleme, wie z. B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Rückenschmerzen bleiben stabil auf höherem Niveau. Der Anteil der Menschen, die in der ambulanten Versorgung mit einer psychischen Erkrankung behandelt wurden, ist in den letzten Jahren in Schleswig-Holstein stetig angestiegen. Im Jahr 2023 erhielten in Deutschland 40,4 Prozent der Erwachsenen die Diagnose einer psychischen Störung in der ambulanten Versorgung.
Schleswig-Holstein steht demnach vor erheblichen gesundheitlichen Herausforderungen durch Alterung, soziale Ungleichheit und regionale Unterschiede in der Versorgung. Um dem entgegenzuwirken, braucht es eine soziallagenorientierte, kommunal verankerte Gesundheitsförderung, die früh ansetzt, Zugänge verbessert und gezielt benachteiligte Bevölkerungsgruppen unterstützt.
Nördlichstes Land mit großem Zusammenhalt für die Prävention und Gesundheitsförderung
„Gesundheit fördern. Chancengleichheit stärken. Für alle in Schleswig-Holstein!“ – diesem Anspruch fühlen wir uns verpflichtet! Die 1966 gegründete Landesvereinigung für Gesundheitsförderung in Schleswig-Holstein e.V. (LVGFSH) lebt insbesondere von der hervorragenden Vernetzung relevanter Akteure aus den Bereichen Gesundheitsförderung und Prävention. So begleitet sie im Rahmen ihrer institutionellen Förderung das Ministerium für Justiz und Gesundheit Schleswig-Holstein (MJG) bei der Konzeption und Umsetzung einer Landespräventionsstrategie. Ein zentrales Ziel besteht in der Weiterentwicklung einer tragfähigen und zukunftsorientierten Gremienstruktur in Form einer Landesarbeitsgemeinschaft für Prävention und Gesundheitsförderung. Ein relevanter Bestandteil dieser Zusammenarbeit ist die jährliche Durchführung der landesweiten Veranstaltung „Strategieforum Prävention“. Das diesjährige Motto „Gesundheit GEMEINSAM gestalten: Synergien nutzen, Lebensqualität verbessern – für alle!“ bietet die Chance für einen vertieften und praxisorientierten Austausch zum Thema „Health in All Policies“. Darüber hinaus dient die Veranstaltung der Vernetzung von Fachkräften, Stakeholdern und diversen Akteuren aus den Bereichen der Wissenschaft, Politik, Selbstverwaltung etc.
Über die Koordinierungsstelle Gesundheitliche Chancengleichheit bringt sich die LVGFSH in vielfältiger Weise in die gesundheitsbezogene Landesentwicklung ein. Dazu gehören unter anderem die Mitwirkung an verschiedenen Gesundheitskonferenzen sowie die Mitarbeit an der Erstellung und Verbreitung der Gesundheitsberichterstattung und die Funktion als beratende Institution. In dieser Rolle steht die LVGFSH den Gesundheitsplanenden der Kreise und kreisfreien Städte als auch allen im Bereich der Gesundheitsförderung und Prävention arbeitenden Institutionen zur Verfügung. Im Zentrum unserer Arbeit stehen dabei sowohl fachliche Inhalte als auch finanzielle Fördermöglichkeiten.
Projekte, die in Kooperation, wie beispielsweise mit den für die Bereiche Soziales und Bildung verantwortlichen Ministerien, gesetzlichen Krankenversicherungen, der Deutschen Rentenversicherung Nord, der Unfallkasse Nord und vielen weiteren Playern, durchgeführt werden, unterstreichen die breite Themenvielfalt der LVGFSH. Von Kita- über Schulkinder, Arbeitnehmende bis zu Menschen im Rentenalter werden nahezu alle Zielgruppen adressiert.
Psychische Gesundheit als Fokusthema der LVGFSH
Psychische Auffälligkeiten und Erkrankungen in allen Lebensphasen finden sich in den Themenfeldern der LVGFSH wieder. Gerade bei den Kleinsten ist eine möglichst frühzeitige Intervention von entscheidender Bedeutung. Verschiedene Vorhaben im Bereich der Kinder- und Jugendrehabilitation, wie das derzeit von uns durchgeführte Projekt ZuKiJu (Zugang zur Kinder-und Jugendreha erleichtern), setzen hier an.
Zudem hat ein Expertenkreis zur Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen am Arbeitsplatz eine umfangreiche Website/Informationsplattforum entwickelt. Diese bietet Handlungshilfen für Führungskräfte, das Kollegium und Betroffene mit dem Ziel, frühe Anzeichen einer psychischen Erkrankung zu erkennen, Betroffene mit der angemessenen Wortwahl anzusprechen und die betriebliche Sensibilität für das Thema nachhaltig zu stärken.
Die LVGFSH bietet zudem Fortbildungen im Bereich der seelischen Gesundheit an. In den sogenannten MHFA-Kursen (Mental health first aid) werden Laien zu Ersthelfenden im Bereich der psychischen Gesundheit ausgebildet. Aktuell wird eine Anti-Stigma-Kampagne entwickelt. Diese soll als Posterausstellung sowohl Unternehmen zur Verfügung gestellt als auch im öffentlichen Raum platziert werden.
Im Rahmen des Expertenpanels „Stärkung der Patientenautonomie von Menschen mit psychischen Erkrankungen“ wurde ein Krisenpass entwickelt, der derzeit in hoher Stückzahl verteilt wird. Betroffene haben die Möglichkeit, hier wesentliche Informationen bezüglich der eigenen Erkrankungen und gewünschter Interventionen zu hinterlegen, die beispielsweise von Rettungskräften genutzt werden können.
Die LVGFSH – eine starke Partnerin im Netzwerk
Die LVGFSH ist eine zentrale Partnerin für Akteure im Bereich Public Health auf Landes- und kommunaler Ebene. Sie arbeitet konsequent bereichsübergreifend und bringt Fachbereiche wie Gesundheit, Soziales, Bildung und Umwelt zusammen, um Gesundheit als gesamtgesellschaftliche Aufgabe wirksam zu gestalten. Ein aktueller Schwerpunkt im Bereich gesundheitliche Chancengleichheit liegt auf generationenübergreifenden Strategien – so wurde in enger Zusammenarbeit mit dem Bereich „Gesund älter werden“ ein Themenblatt zu Präventionsnetzen entwickelt, das Kooperationspotenziale aufzeigt und zur Netzwerkbildung anregt. In digitalen Formaten wie dem Fachimpuls „Kommunale Gesundheitsförderung“ wird der Austausch zwischen Gesundheitsplanenden gestärkt. Ein weiteres Beispiel ist der Hitze-Aktions-Monat, der im Juni 2025 erstmals bereichsübergreifend umgesetzt wurde. Dabei wurden verhaltens- und verhältnispräventive Ansätze für eine hitzesensible Gestaltung von Lebenswelten vermittelt und Akteure für die Bedeutung planetarer Gesundheit sensibilisiert. Mit ihrer bereichsübergreifenden Arbeitsweise wirkt die Landesvereinigung als Vorbild für eine gelingende intersektorale Zusammenarbeit.
Die Zusammenarbeit mit der BVPG erleben wir als LVGFSH als sehr bereichernd: Der Austausch zu bundespolitischen Themen sorgt immer wieder für Impulse für die Arbeit in unserem Bundesland. Die von der BVPG geschaffenen Austauschformate bereichern unsere tägliche Arbeit. Hierfür möchten wir uns herzlich bedanken.
2026 wird für die LVGFSH ein spannendes Jahr: Unser 60-jähriges Jubiläum steht an und dies muss gefeiert werden! Gerade nehmen die Planungen für unsere Jubiläumsveranstaltung im Mai Fahrt auf. Den runden Geburtstag möchten wir außerdem nutzen, um einen scharfen Blick auf die langfristige Ausrichtung unserer Institution zu richten: Was haben wir schon erreicht? Wo möchten wir noch hin? Was ist uns wichtig in Bezug auf unsere Mitarbeitenden, unsere Kooperationspartnerinnen und -partner sowie die gesundheitliche Lage der Bevölkerung? Um langfristig wirksam in und für Schleswig-Holstein werden zu können, wünschen wir uns dabei den Erhalt bewährter Strukturen, so beispielsweise solche, die durch den Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) geschaffen wurden.
Svenja Langemack | Seit 2023 Geschäftsführerin der Landesvereinigung für Gesundheitsförderung in Schleswig-Holstein e.V. (LVGFSH); zuvor Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Europa-Universität Flensburg sowie als Fachreferentin für Transplantationsmedizin bei der Bundesärztekammer. Absolventin des Studiengangs Prävention und Gesundheitsförderung, ausgebildete Rettungsassistentin.

Gründung: 1966
Schwerpunktthemen: gesund aufwachsen, gesund leben und arbeiten, gesund älter werden, gesundheitliche Chancengleichheit
Anzahl Mitarbeitende: 20
Anzahl Mitglieder: etwa 100 (persönlich und institutionell)
Organisationsstruktur: gemeinnütziger, eingetragener Verein
Finanzierung: Die LVGFSH wird institutionell vom Ministerium für Justiz und Gesundheit des Landes Schleswig-Holstein gefördert. Hinzu kommen diverse Projektförderungen u. a. vom Sozialministerium, GKV-Bündnis, von gesetzlichen Krankenkassen, der Deutsche Rentenversicherung Nord, der Unfallkasse Nord und EU-Förderungen (Interreg).
In 13 Bundesländern gibt es Landesvereinigungen bzw. Landeszentralen für Gesundheit(sförderung), die über die BVPG auf Bundesebene vertreten werden. Jährlich finden zwei Kooperationstreffen mit den Landesvereinigungen und der BVPG statt.