Interview mit Dr. Mischa Kläber
„Die Förderung von Bewegung, Sport und Gesundheit ist von zentraler Bedeutung!“
Zur Förderung von „Bewegung, Sport und Gesundheit“ hat die BVPG gemeinsam mit ihren Mitgliedsorganisationen evidenzbasierte Empfehlungen formuliert und in einem Policy Paper veröffentlicht. Dazu ein Interview mit Dr. Mischa Kläber, Deutscher Olympischer Sportbund e.V. (DOSB), BVPG-Vorstandsmitglied und Leiter der BVPG-Arbeitsgruppe.
Herr Dr. Kläber, warum ist das Thema „Bewegung, Sport und Gesundheit“ von hoher Relevanz für die Weiterentwicklung von Prävention und Gesundheitsförderung in Deutschland?
Vor dem viel zitierten Hintergrund, dass rund die Hälfte der Erwachsenen und 80 Prozent der Kinder und Jugendlichen nicht das empfohlene Mindestmaß an Bewegung erreichen, ist das Thema „Bewegung, Sport und Gesundheit“ für die Weiterentwicklung von Gesundheitsförderung und Prävention in Deutschland von zentraler Bedeutung. Bewegung und Sport stehen im direkten Zusammenhang mit der Verbesserung der Lebensqualität und der Verringerung gesundheitlicher Risiken. In einer zunehmend sitzenden und älter werdenden Gesellschaft und angesichts der steigenden Prävalenz chronischer Erkrankungen wie Krebs, Diabetes, Herz-Kreislauf- und psychischen Erkrankungen wird der Handlungsdruck in Bezug auf einen präventiven Ansatz durch Bewegung und Sport immer dringlicher.
Seit Jahren haben wir einerseits eine klare Evidenz dafür, dass regelmäßige körperliche Aktivität das Risiko für nicht-übertragbare Erkrankungen deutlich senken kann. Die Einsparungen im Gesundheitswesen wären beachtlich. Andererseits haben wir eine unzureichende Nutzung dieses Wissens, trotz erkennbarer politischer Bemühungen zur Optimierung der Bewegungsförderung wie seit 2008 IN FORM - Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung, zwei Bewegungsgipfel in den Jahren 2022 und 2024, Runder Tisch „Bewegung und Gesundheit“ des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG), Bewegung und Sport im Gesundheitszieleprozess, u. a. mit Beteiligung der BVPG.
Eine heterogene Vielzahl an weiteren Organisationen und Institutionen bringt sich unermüdlich in politische Prozesse ein, leistet ihren Beitrag zur Gesunderhaltung der Bevölkerung und engagiert sich seit Jahren - um nicht zu sagen seit Jahrzehnten - im Bereich der Bewegungsförderung. Folglich mangelt es also nicht an freiwilligem Engagement, sondern am politischen Willen und letztlich auch an einer ausreichenden Finanzierung einer systematischen und planvollen Bewegungsförderung in unserem Land.
Welches Ziel verfolgt die BVPG mit dem Policy Paper 2025, insbesondere mit dem Themenschwerpunkt „Bewegung, Sport und Gesundheit“?
Mit ihrem Policy Paper 2025 verfolgt die BVPG das Ziel, eine zukunftsorientierte Strategie zur Förderung von Bewegung, Sport und Gesundheit in Deutschland zu entwickeln. Die BVPG wird nicht müde, die zentrale Bedeutung von körperlicher Aktivität für die Gesundheitsförderung und Prävention zu betonen. Mit der Veröffentlichung des Policy Papers will die BVPG eine breite Diskussion anstoßen und politische Entscheidungsträger, Fachgesellschaften sowie die Gesellschaft insgesamt für die Förderung eines bewegungsreichen Lebensstils sensibilisieren, aber auch in die Pflicht nehmen. Denn: Bewegung und Sport sind zentrale Säulen der Gesundheitsförderung!
In den Empfehlungen der BVPG-Arbeitsgruppe „Bewegung, Sport und Gesundheit“ sind die wesentlichen politischen Forderungen gut verständlich und für die Bundespolitik leicht nutzbar aufbereitet:
- Schaffung einer nationalen Agenda für Bewegungsförderung
- Verankerung der Bewegungsförderung in der Gesetzgebung
- Fortführung des Runden Tischs „Bewegung und Gesundheit“ und Sicherstellung einer ganzjährigen tragfähigen Arbeitsstruktur auf bundespolitischer Ebene
- Aufbau eines nationalen Kompetenzzentrums für Bewegungsförderung
- Erarbeitung des nationales Gesundheitsziels „Bewegungsförderung“
- Aufbau eines bundesweiten Bewegungsmonitorings
Diese Forderungen wurden im bundespolitischen Raum und über verschiedene Wege gestreut, damit sie Eingang in den Koalitionsvertrag finden. Nach all den Prozessen der letzten Jahre muss es nun dringend an die konkrete Umsetzung gehen. Hierfür braucht es eine beherzte Politik, die Strukturen aufbaut und auch die Finanzierung sichert. Nur so bringen wir gemeinsam Deutschland wieder in Bewegung!
Welche Mitgliedsorganisationen der BVPG waren an der Arbeitsgruppe zum Thema „Bewegung, Sport und Gesundheit“ unter Ihrer Leitung beteiligt?
Die Zusammensetzung der Mitwirkenden in der BVPG-AG „Bewegung, Sport und Gesundheit“ ist im besonderen Maße repräsentativ für Vielfalt an Mitgliedsorganisationen, die sich seit Jahrzehnten engagiert einbringen, wenn die Bundespolitik zu neuen Initiativen, Arbeitsgruppen, Maßnahmen und Kampagnen im Bereich der Bewegungsförderung aufruft.
Als Vorstandsmitglied der BVPG und als Leiter der Arbeitsgruppe war und ist es mir eine Ehre und Freude zugleich, den Vorsitz der AG zusammen mit meiner Kollegin Inke Ruhe aus der BVPG-Geschäftsstelle zu übernehmen. Die Zusammensetzung der mitwirkenden Organisationen ist ein gelungener Querschnitt aus den 132 BVPG-Mitgliedsorganisationen, die sich allesamt der Gesundheitsförderung und Prävention verschrieben haben.
Zu den Mitwirkenden gehörten führende Sportverbände wie der Deutsche Turner-Bund (DTB), der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB), der Deutsche Hochschulsportverband (adh) oder der Deutsche Wanderverband, Fachgesellschaften wie der Deutsche Verband für Gesundheitssport und Sporttherapie (DVGS), die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP), die Arbeitsgemeinschaft für Sportpsychologie (asp) oder die Deutsche Gesellschaft für Psychologie (DGPs), Berufsvertretungen wie Physio Deutschland, der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) und die Bundesärztekammer sowie Landesvereinigungen für Gesundheit(sförderung), Gesundheitsorganisationen wie der Kneipp-Bund und gesetzliche Krankenkassen. Darüber hinaus brachten renommierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Deutschen Sporthochschule Köln, der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs), des Karlsruher Instituts für Technologie, der Medical School Hamburg und der IST-Hochschule für Management ihre Forschungsperspektive in die Arbeitsgemeinschaft ein. Kurzum: eine heterogene Vielfalt an geballter Fachkompetenz!
Die genannten Organisationen stehen stellvertretend für die Community der Bewegungsförderung in Deutschland. Diese und weitere Organisationen bringen immer wieder erhebliche personelle und auch finanzielle Ressourcen ein, um in einer gemeinsamen Anstrengung die Bevölkerung in Deutschland in Bewegung zu bringen und dauerhaft in Bewegung zu halten. Dieses enorme Engagement verdient es, dass nun endlich eine nationale Agenda für Bewegungsförderung aufgesetzt wird und neue, koordinierende Strukturen wie u. a. das nationale Kompetenzzentrum für Bewegungsförderung aufgebaut sowie finanzielle Mittel zur ganzjährigen Bearbeitung der Bewegungsförderung zur Verfügung gestellt werden.
An dieser Stelle möchte ich mich im Namen des gesamten BVPG-Vorstandes ganz herzlich bei allen Personen und Organisationen bedanken, die in unserer AG mitgearbeitet haben. Herzlichen Dank an dieser Stelle auch an AG-Expertin Prof. Dr. Jana Semrau, Universität Bremen, für ihren fundierten Blog-Beitrag zur Förderung von Bewegung, Sport und Gesundheit in Deutschland (Hinweis: Der Beitrag erscheint in Kürze).
Die Fragen stellte Ulrike Meyer-Funke, Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung e.V. (BVPG).
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Dr. Mischa Kläber | Seit 2012 Ressortleiter Breiten- und Gesundheitssport beim Deutschen Olympischen Sportbund e.V. (DOSB) und seit 2020 BVPG-Vorstandsmitglied sowie Pate für Bewegungsförderung. Zudem ist er Lehrbeauftragter für Sportsoziologie an der TU Darmstadt (TUD). Von 2009 bis 2012 war er Wissenschaftlicher Assistent (Habilitand) an der TUD und von 2006 bis 2009 Promotionsstipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes. 2009 erfolgte die Promotion (Thema: Doping im Fitness-Studio). Herr Kläber arbeitet als DOSB-Vertreter in diversen Arbeitszusammenhängen der Gesundheitsförderung auf Bundesebene (u. a. Kooperationsverbund gesundheitsziele.de, IN FORM, Präventionsforum, Bundeszentrale für gesundeitliche Aufklärung (BZgA).