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Begrüßung



Grußwort zur 23. Statuskonferenz der BVPG
am 2. September 2024

Es gilt das gesprochene Wort


„Die BVPG hat nicht nur mit ihren Statuskonferenzen immer wieder innovative Themen vorausschauend aufgenommen und wesentliche Player der Prävention in Austausch dazu gebracht. Sie wird nicht müde, immer wieder auf die Bedeutung, Krankheiten zu vermeiden hinzuweisen — und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der gesundheitlichen Chancengleichheit.“

Dr. Antje Draheim |
Staatssekretärin im Bundesministerium für Gesundheit




Staatssekretärin Dr. Antje Draheim
© BMG/Thomas Trutschel (photothek)

Sehr geehrte Frau Dr. Kappert-Gonther,
sehr geehrter Herr Blatt,
sehr geehrte Frau Susen,
sehr geehrte Frau Dr. Grossmann,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

es ist mir eine große Freude, die nun schon 23. Statuskonferenz der Bundesvereinigung mit einem Grußwort an Sie eröffnen zu dürfen.

Seit nunmehr 70 Jahren setzt sich die Bundesvereinigung für die Vernetzung der zahlreichen Akteure und für die Verbesserung von gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen für Prävention und Gesundheitsförderung ein.

Fachverbände, Berufsverbände, Träger der Freien Wohlfahrtspflege, Länder, Verbände der Kommunen, Verbände der Krankenkassen, Verbände der Leistungserbringer, Landesvereinigungen für Gesundheit, Gewerkschaften, Bildungseinrichtungen und, und, und... all dies ist die Bundesvereinigung. Mittlerweile 136 Mitgliedsorganisationen haben sich der Bundesvereinigung angeschlossen. Ganz nach dem Motto: „Vereinte Kraft ist zur Herbeiführung des Erfolges wirksamer als zersplitterte oder geteilte.“ (Zitat: Thomas von Aquin).

Meine Damen und Herren, vereinte Kraft ... dies ist mit wenigen Wörtern ausgedrückt der wesentliche Grund dafür, weshalb wir die BVPG seit Beginn ihres Bestehens institutionell fördern. Prävention und Gesundheitsförderung brauchen Vernetzung, Zusammenarbeit und Koordination. Denn in diesem Feld gibt es eine fast unüberschaubare Vielzahl von staatlichen, halbstaatlichen und nichtstaatlichen Strukturen und Institutionen auf den unterschiedlichen, föderalen Ebenen.

Die BVPG hat nicht nur mit ihren Statuskonferenzen immer wieder innovative Themen vorausschauend aufgenommen und wesentliche Player der Prävention in Austausch dazu gebracht. Sie wird nicht müde, immer wieder auf die Bedeutung, Krankheiten zu vermeiden hinzuweisen — und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der gesundheitlichen Chancengleichheit. Dafür danke ich Ihnen sehr herzlich!

Das Engagement zur Vermeidung von Krankheiten und der Stärkung der gesundheitlichen Ressourcen ist heute wichtiger als je zuvor.
Die enorm hohe Krankheitslast durch nicht-übertragbare Krankheiten, die älter werdende Gesellschaft mit dem beginnenden Renteneintrittsalter der Babyboomer-Generation und der damit einhergehende Arbeitskräftemangel, aber auch die Digitalisierung, die zunehmende Flexibilisierung der Arbeitswelt sowie der Klimawandel mit sich wiederholenden Hitzewellen — dies alles sind Entwicklungen, die unser Gesundheitssystem, aber auch unser gesamtes System der sozialen Sicherung vor große Herausforderungen stellen. Und diese Herausforderungen werden verstärkt durch die ohnehin wachsende Komplexität der gesundheitlichen, sozialen, wirtschaftlichen und technischen Zusammenhänge. Vor diesem Hintergrund müssen wir alles daran setzen, ins Bewusstsein zu rücken, dass die Förderung der Gesundheit und der Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit der Menschen nicht nur einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der gesundheitlichen Chancengleichheit leistet, sondern unabdingbar auch mit der Produktivität unserer Gesellschaft verbunden ist.

Es gibt also gute Gründe dafür, der Prävention und der Entwicklung einer gesundheitsförderlichen Gesamtpolitik im Sinne des Health in All Policies-Ansatzes einen deutlich höheren Stellenwert einzuräumen. Das Potenzial von Prävention und Gesundheitsförderung, die enorme Krankheitslast zu reduzieren, die sozialen Sicherungssysteme zu stabilisieren und damit einen nachhaltigen gesamtgesellschaftlichen und individuellen Nutzen zu entfalten, darf nicht in der Theorie steckenbleiben.

Das Bundesministerium für Gesundheit nimmt die Herausforderungen an und hat ein ganzes Paket von Maßnahmen zur Stärkung von Public Health und der Prävention in Versorgung und Pflege auf den Weg gebracht.
Lassen Sie mich — auch angesichts der mir zur Verfügung stehenden Zeit — nur auf zwei mir ganz besonders am Herzen liegende Vorhaben eingehen.


1. BIPAM

Mit dem Robert Koch-Institut hat Deutschland eine starke Behörde mit weitreichender Expertise insbesondere in den Bereichen Infektionskrankheiten und Infektionsschutz. Um verstärkt auch die nicht-übertragbaren Krankheiten, die Krankheitsrisiken, aber auch die die Gesundheit stärkenden Faktoren in den Fokus zu rücken, sieht der Koalitionsvertrag die Errichtung eines Bundesinstituts für öffentliche Gesundheit vor. Mit dem geplanten Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM) wird die öffentliche Gesundheit als zentraler Bestandteil des deutschen Gesundheitssystems institutionell und fachlich gestärkt.
Im Juli hat das Bundeskabinett den hierfür notwendigen Entwurf für ein Gesetz zur Stärkung der öffentlichen Gesundheit beschlossen. Nach der Sommerpause geht der Gesetzentwurf in die parlamentarischen Beratungen. Geplant ist, dass es zum 1. Januar 2025 mit dem BIPAM in Deutschland erstmalig ein Institut geben wird, das sämtliche Kompetenzen bündelt, um im Sinne des Public Health Action Cycle, auf einer gesicherten Datengrundlage die notwendigen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu generieren, um darauf aufbauend Strategien, Initiativen und Maßnahmen zu entwickeln, die die öffentliche Gesundheit stärken.

Das BIPAM soll insbesondere

  • mit modernen Methoden Daten erheben, verarbeiten und nutzen, um neue Erkenntnisse zu generieren und Empfehlungen für Staat und Gesellschaft zu entwickeln,
  • wissenschaftliche Forschung auf internationalem Niveau betreiben,
  • den Transfer von Erkenntnissen und Lösungsvorschlägen in die Praxis fördern,
  • evidenzbasiert und zielgruppenspezifisch zu gesundheitsrelevanten Themen informieren und
  • last not least soll das BIPAM perspektivisch auch die Funktion einer Support-Unit übernehmen, die etwa Instrumente und weitere Hilfestellungen zur Umsetzung des Health in All Policies-Ansatzes entwickelt.

2. Nationale Präventions-Initiative (NPI) (früher: Nationaler Präventionsplan)

Meine Damen und Herren,

Prävention und Gesundheitsförderung kann nur wirksam werden, wenn die zahlreichen Akteure zusammenarbeiten, wenn jeder den in seiner Verantwortung liegenden Beitrag leistet! Das BMG hat deshalb unter dem Motto „In Zukunft gesünder“ die Nationale Präventions-Initiative gestartet. Mit der Nationalen Präventions-Initiative stoßen wir einen Dialog- und Vernetzungsprozess an. Wir bieten damit Akteurinnen und Akteuren, also auch Ihnen, ein Forum für den Austausch und die gemeinsame Fortentwicklung von wichtigen Hebeln und Zukunftsthemen für eine gelingende Prävention.

Bereits heute gibt es in Gesundheitsförderung und Prävention auf unterschiedlichen politischen Ebenen etablierte Strukturen, die wir auch nicht ersetzen wollen. Wir ergreifen vielmehr die Initiative, um die bestehenden Strukturen und Strategien, wie etwa die der Nationalen Präventionskonferenz (NPK) zu unterstützen und breiter miteinander zu vernetzen. Das gemeinsame strategische Vorgehen der Sozialversicherungsträger und der privaten Krankenversicherungen in der Nationalen Präventionskonferenz und die auf der Grundlage der Rahmenvereinbarungen in den Ländern entstandenen Strukturen und Programme haben Vieles auf den Weg gebracht. Angesichts der föderalen Strukturen und der unterschiedlichen Zuständigkeiten können die Sozialversicherungsträger jedoch nicht allein und auch nicht so umfänglich wie es wünschenswert wäre, die Gesundheit der Bevölkerung beeinflussen. Denn viele Faktoren, die Einfluss auf die Gesundheit der Menschen haben, liegen außerhalb des Gesundheitswesens und auch außerhalb der Zuständigkeit der Sozialversicherungsträger. Ein gesundes Aufwachsen und ein gesundes und langes Leben brauchen gemeinsame Anstrengungen der Akteure auf allen Ebenen. Mit der Nationalen Präventions-Initiative wollen wir gemeinsam mit Ihnen der Frage nachgehen, wie die Nationale Präventionsstrategie der NPK so fortentwickelt werden kann, dass sie tatsächlich auch national wirkt.

Wir wollen mit Ihnen in einen Austausch gehen und dabei die Fragen aufwerfen

  • Wie wirken die Bundesrahmenempfehlungen?
  • Und wie sind die Erfahrungen auf Bundebene, wie die auf Länderebene?
  • Und sind die von der NPK vereinbarten Ziele geeignet, um Fortschritte zu erreichen?
  • Kann das Präventionsforum seine Beratungsfunktion erfüllen?
  • Wo und warum stößt die NPK an Grenzen?

Über diese Fragen hinaus wollen wir mit der Initiative strategische Hebelthemen identifizieren, die für alle Felder der Prävention von Bedeutung sind. Im bisherigen Prozess wurden insbesondere die Themen „Health in All Policies“, „Gesundheitskommunikation und-kompetenz“, „Daten- und Gesundheitsberichterstattung“ oder auch Fragen der“ Qualitätsentwicklung“ als vordringlich identifiziert.

Der Prozess zur Gestaltung der Initiative hat bereits im vergangenen Jahr — auch mit Unterstützung der BVPG — mit Workshops und Interviews mit Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis begonnen. Erste Austauschformate zu den identifizierten Themen wurden bereits durchgeführt. Aber auch zu weiteren Themen wollen wir mit den Akteuren und Experten, und natürlich der BVPG, in den kommenden Wochen und Monaten den Austausch vertiefen. So bereiten wir derzeit mit Unterstützung der BZgA einen Workshop vor, in dem wir gemeinsam mit Vertretern der Menschen mit Behinderungen, der Kommunen, der Krankenkassen und der Wissenschaft die Chancen und Herausforderungen in der inklusiven und barrierefreien, kommunalen Gesundheitsförderung identifizieren wollen.


Meine Damen und Herren,

die Themen der Präventions-Initiative sind stets auch Themen für das BIPAM. Die Ergebnisse der Initiative unterstützen die Strategieformulierung und bieten die Grundlage zur Entwicklung von neuen Maßnahmen. Außerdem gilt es im Rahmen der NPI etwa die Aufgaben und die Kompetenzen zu identifizieren, die das BIPAM als unterstützende Stelle für die systematische Umsetzung des Health in All Policies-Ansatzes haben sollte.
Vergleichbares gilt auch für die Ergebnisse, die Sie heute in der Statuskonferenz erarbeiten. Mit Ihrer offenen Diskussion zu den vier Schwerpunktthemen tragen Sie über die „Brückeninstanz“-BVPG an der praktischen, aber auch an der politischen Umsetzung der Prävention und Gesundheitsförderung in Deutschland bei. Ich wünsche Ihnen dazu viel Erfolg und in unser aller Interesse gutes Gelingen!


Dr. Antje Draheim | Seit Dezember 2021 Staatssekretärin im Bundesministerium für Gesundheit in Bonn/Berlin. Von 2003 bis 2012 übernahm Draheim verschiedene Leitungsfunktionen innerhalb der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg. Im Jahr 2012 wechselte sie als Leiterin der Abteilung „Arbeit“ ins Ministerium für Arbeit, Soziales und Gleichstellung des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Nach dem Neuzuschnitt der Ministerien in Folge der Landtagswahl 2016 übernahm sie die Abteilung „Jugend und Familie“ im Ministerium für Soziales, Integration und Gleichstellung des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Seit Juni 2019 war Dr. Antje Draheim Staatssekretärin für Bundesangelegenheiten und Bevollmächtigte des Landes Mecklenburg-Vorpommern beim Bund. Im November 2021 wurde sie schließlich zur Staatssekretärin im Ministerium für Soziales, Gesundheit und Sport ernannt.