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Gastbeitrag von Dr. Martin Danner

„Inklusives Gesundheitssystem schaffen - Barrieren abbauen!“

Die BAG SELBSTHILFE e.V. als Dachverband der Selbsthilfeorganisationen behinderter und chronisch kranker Menschen und ihrer Angehörigen setzt sich für die rechtliche und tatsächliche Gleichstellung behinderter und chronisch kranker Menschen ein. Lesen Sie dazu den Gastbeitrag von Dr. Martin Danner, Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft.

Porträt Dr. Martin Danner, Geschäftsführer der BAG SELBSTHILFE e.V.
© Holger Groß

 

Nicht ohne Grund fordert die Weltgesundheitsorganisation (WHO) für alle Menschen ein Recht auf sichere und qualitativ hochwertige Versorgung. In Deutschland haben zwar theoretisch alle Menschen Zugang zur gesundheitlichen Versorgung, in der Praxis gibt es aber eine Vielzahl von Hindernissen für manche Patientengruppen.

Knapp 10 Prozent (9,4 Prozent) der Bevölkerung in Deutschland leben mit einer Schwerbehinderung; ihre Anzahl wird voraussichtlich auch in Zukunft in einer älter werdenden und wachsenden Gesellschaft zunehmen.

Das Gesundheitssystem ist darauf nach wie vor nicht eingestellt: Denn es stellt Menschen mit Behinderungen noch immer vor viele Herausforderungen: So sind zahlreiche Arztpraxen oder sonstige Gesundheitsdienstleister nicht barrierefrei, was die Versorgung der Betroffenen erheblich einschränkt; im Ergebnis ist die freie Arztwahl für Menschen mit Behinderungen nicht vorhanden. Noch schlimmer ist es oft in ländlichen Gebieten: Hier finden Betroffene inzwischen manchmal gar keine Arztpraxis mehr, die barrierefrei ausgestattet ist. Dabei fehlen nicht nur bauliche Hilfestellungen wie Rampen und Fahrstühle, sondern auch andere Unterstützungsmaßnahmen wie etwa Orientierungssysteme für blinde und sehbehinderte Menschen und barrierefreie Kommunikationsmöglichkeiten, insbesondere die Verwendung von Leichter Sprache und/oder Piktogrammen.

Besonders schwierig ist die Situation in der Gynäkologie; hier hat die Unterversorgung zur Folge, dass Frauen mit Behinderungen kaum Praxen finden, in denen sie beispielsweise die ihnen zustehende Krebsvorsorge in Anspruch nehmen können, da keine entsprechenden barrierefreien Untersuchungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Die wenigen Spezialambulanzen, die sich aus der Not herausgebildet haben, schließen teilweise oder haben die entsprechenden Untersuchungsgeräte nicht mehr zur Verfügung.

Zudem sind viele Ärztinnen und Ärzte leider zurückhaltend bezüglich der Behandlung von Menschen mit Behinderung, da die Behandlung insgesamt häufig mehr Zeit in Anspruch nimmt. Hier ist es dringend erforderlich, dass dieser erhöhte Zeitaufwand besser im einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) abgebildet wird; erste Ansätze dazu gibt es bereits, diese reichen aber noch nicht aus.

Dabei ist die Bundesrepublik Deutschland längst zur Herstellung der Barrierefreiheit vertraglich gebunden: In Artikel 9 Absatz 1 verpflichtet die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) ihre Unterzeichnerstaaten, geeignete Maßnahmen zu treffen, um für Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen den Zugang

  • zur physischen Umwelt,
  • - zu Transportmitteln,

    - zu Information und Kommunikation, einschließlich Informations- und Kommunikationstechnologien und -systemen,

  • sowie zu anderen Einrichtungen und Diensten, die der Öffentlichkeit in städtischen und ländlichen Gebieten offen stehen oder für sie bereitgestellt werden,

zu gewährleisten.

Durch die Ratifizierung von Bundestag und Bundesrat ist die Konvention im Jahr 2009 zu geltendem deutschen Recht geworden. Damit ist es Aufgabe des Staates, diese in der UN-Behindertenrechtskonventionen formulierten Rechte so umzusetzen, dass sie auch tatsächlich im Alltag gelebt werden und bei den Betroffenen ankommen. Hier gibt es noch viel zu tun!


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Dr. Martin Danner | Jurist und Bundesgeschäftsführer der BAG SELBSTHILFE e.V. Nach seinem Studium in Heidelberg hat er einige Jahre als Rechtsanwalt mit der Spezialisierung im Gesundheitsrecht gearbeitet, bevor er die Leitung des Referats Gesundheitspolitik und Selbsthilfeförderung der BAG SELBSTHILFE übernommen hat. Dr. Martin Danner ist Sprecher der Patientenvertretung beim Gemeinsamen Bundesausschuss.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe von Menschen mit Behinderung, chronischer Erkrankung und ihren Angehörigen e.V. (BAG SELBSTHILFE) ist die Vereinigung der Selbsthilfeverbände behinderter und chronisch kranker Menschen und ihrer Angehörigen in Deutschland.