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Professionelle Gesundheitskompetenz

Erste Studie zur professionellen Gesundheitskompetenz

Die erste Studie zu den Fähigkeiten von Gesundheitsexpertinnen und -experten zur Förderung der Gesundheitskompetenz bei Patientinnen und Patienten wurde von der Hertie School of Governance und der Universität Bielefeld in Kooperation mit der Stiftung Gesundheitswissen durchgeführt. Mit der Studie wurde eine neue, erweiterte Definition professioneller Gesundheitskompetenz eingeführt.

Älterer Mann mit Ärztin
© Yuri Arcurs - Fotolia.com

 

Da in der bekannten Definition von Gesundheitskompetenz von Sörensen et al. (2012) die Fähigkeiten, die für die professionelle Gesundheitskompetenz relevant sind, noch keine Berücksichtigung finden, wurde die Definition als Grundlage für diese Studie in Anlehnung an die Definition von Sörensen et al. für die professionelle Gesundheitskompetenz erweitert.

„Professionelle Gesundheitskompetenz umfasst die Motivation, das Wissen und die Fähigkeiten,professionell relevantes Wissen und Informationen in unterschiedlicher Form finden, verstehen, beurteilen und nutzen zu können, um im Berufsalltag professionell nach dem „State of the Art” agieren und gesundheits- und krankheitsrelevantes Wissen und ebensolche Informationen so aufbereiten, vermitteln und kommunizieren zu können, dass sie von Patientinnen/Patienten verstanden, (kritisch) beurteilt und zur Entscheidungsfindung über Gesundheitsfragen genutzt werden können.”


Konzeptuelle Neuerungen

Laut den Ergebnissen der studienbezogenen Literaturrecherche sowie einer kürzlich durchgeführten Delphi-Befragung sind in den bisherigen Gesundheitskompetenz-Diskussionen das Informations- und Wissensmanagement im Sinne von fortlaufender Aneignung und Auseinandersetzung mit aktuellem Fachwissen kaum behandelt worden. Doch gerade diese Kompetenzen sind bei der professionellen Gesundheitskompetenz besonders relevant, um Patientinnen und Patienten entsprechend dem neuesten Stand der Forschung informieren und beraten zu können. Auch die für die Wissensvermittlung notwendigen edukativen Kompetenzen wurden in den bisherigen wissenschaftlichen Betrachtungen noch nicht ausreichend berücksichtigt – und so wurden diese Themen im Kontext dieser Studie erstmalig untersucht.


Erste Studie zur professionellen Gesundheitskompetenz

Die Studie HLS-PROF-GER (Health Literacy Survey – Professionelle Gesundheitskompetenz in Deutschland) zur professionellen Gesundheitskompetenz ausgewählter Gesundheitsprofessionen in Deutschland wurde an der Hertie School of Governance und der Universität Bielefeld in Kooperation mit der Stiftung Gesundheitswissen durchgeführt. Als Grundlage für diese Studie wurde eine neue Definition professioneller Gesundheitskompetenz mit einem erweiterten Gesundheitskompetenzkonzept entwickelt. Die Fragebogenkonzeption erfolgte in Zusammenarbeit mit der Robert Bosch Stiftung.

Im Schwerpunkt der Untersuchung wurden Fragen zu vier Aufgabenbereichen der Gesundheitsprofessionen abgefragt:

  • Informations- und Wissensmanagement
  • Informations- und Wissensvermittlung
  • patientenzentrierte Kommunikation
  • professionelle digitale Gesundheitskompetenz

Durchgeführt wurde die Online-Befragung mit im Rahmen der hausärztlichen Versorgung tätigen 300 Allgemeinärztinnen und Allgemeinärzten, Internistinnen und Internisten sowie mit 600 Pflegefachpersonen.


Ergebnisse der HLS-PROF-GER-Studie

Den Studienergebnissen nach fühlen sich sowohl Pflegefachpersonen als auch Ärztinnen und Ärzte insgesamt fachlich gut aufgestellt, um die Gesundheitskompetenz ihrer Patientinnen und Patienten zu fördern. Die Selbsteinschätzung im Rahmen der Studie wurde auf einer Skala mit 0 bis 100 Punkten von beiden Berufsprofessionen mit zwischen 53 und 74 Punkten bewertet. Ob die weitergegebenen Informationen systematisch und verständlich vermittelt wurden, sodass diese tatsächlich dazu befähigen, kompetente Gesundheitsentscheidungen treffen zu können, kann aus diesen Ergebnissen nicht abgeleitet werden, denn zwei Dritteln der Befragten ist das Gesundheitskompetenzkonzept nur wenig bekannt.

Die im Rahmen der Erhebung sichtbar gewordenen Probleme im Zusammenhang mit der professionellen Gesundheitskompetenz werden dadurch deutlich, dass bei allen vier abgefragten Aufgabenbereichen ca. ein Drittel der möglichen Punktzahl nicht erreicht wurde. Dies weist darauf hin, dass im Bereich der professionellen Gesundheitskompetenz Verbesserungsbedarf besteht.


Empfehlungen der HLS-PROF-GER-Studie

Die Studie empfiehlt, das Konzept der professionellen Gesundheitskompetenz unter allen Gesundheitsexpertinnen und -experten bekannter zu machen und die Förderung der Gesundheitskompetenz als Aufgabe der Gesundheitsprofessionen im Gesundheitssystem zu verankern, um bestehende Präventionsmöglichkeiten ausschöpfen zu können.

Auch sollten die Gesundheitsprofessionen durch Ausbildung dazu zu befähigt werden, die Vertrauenswürdigkeit von (insbesondere digitalen) Informationen besser einschätzen und die Evidenz von Informationen besser beurteilen zu können. Ebenso sollten die Gesundheitsberufe durch den Erwerb von Kompetenzen zur systematischen Vermittlung und Erklärung von Informationen in die Lage versetzt werden, insbesondere falsch informierte Patientinnen und Patienten erreichen und richtig informieren zu können.

Zu den Ergebnissen der Studie „Professionelle Gesundheitskompetenz ausgewählter Gesundheitsprofessionen in Deutschland” der Stiftung Gesundheitswissen gelangen Sie hier.


Weitere Beiträge zur Gesundheitskompetenz

„Schulinitiative Pausenlos gesund mit neuem Themenpaket”
Die durch den Verband der Privaten Krankenversicherung e.V. (PKV-Verband) gegründete Stiftung Gesundheitswissen (SGW) unterstützt mit der Schulinitiative Pausenlos gesund die Entwicklung der digitalen Gesundheitskompetenz von Jugendlichen. Ein neues Themenpaket ergänzt das bisherige Angebot und vermittelt Jugendlichen grundlegende Kompetenzen zum sicheren Umgang mit Fake News und Social Media.

„Präventionsprogramm Durchblickt! - gesund durch die Schulzeit”
Das Präventionsprogramm Durchblickt! - gesund durch die Schulzeit der BARMER Krankenkasse, entwickelt in Kooperation mit der Technischen Universität München (TUM) und der Hochschule Fulda, soll die digitale Gesundheitskompetenz stärken. Es richtet sich an Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte sowie an Eltern.

„Gesundheitskompetenz und Migration”
Eine neue Studie des Interdisziplinären Zentrums für Gesundheitskompetenzforschung (IZGK) der Universität Bielefeld analysiert erstmals die Gesundheitskompetenz von Menschen mit Migrationshintergrund. Aufbauend darauf wurde nun ein Strategiepapier mit Empfehlungen zur Verbesserung der Gesundheitskompetenz - insbesondere der digitalen - erarbeitet.


BVPG-Blog: Schwerpunkt Gesundheitskompetenz

Die Stärkung der Gesundheitskompetenz ist eines der Schwerpunktthemen der BVPG (PDF).

Lesen Sie dazu auch die folgenden Blogbeiträge:

Prof. Dr. Dr. h.c. Klaus Hurrelmann, Mit-Initiator des Nationalen Aktionsplans Gesundheitskompetenz: „Die Strukturelle Gesundheitsförderung findet zu wenig Beachtung”.

BVPG-Vorstandsmitglieder Christine Kreider, Referentin für Prävention bei der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (DHS), Dr. Andrea Lambeck, Geschäftsführerin des BerufsVerbandes Oecotrophologie e.V. (VDOE) und Dr. Mischa Kläber, Ressortleiter für Präventionspolitik und Gesundheitsmanagement beim Deutschen Olympischen Sportbund e.V. (DOSB) zur bewegungs-, ernährungs- und suchtbezogenen Gesundheitskompetenz: „Es gibt viel Verbesserungspotenzial im Bereich der Gesundheitskompetenz”.

Prof. Dr. Jürgen Pelikan, Leiter des internationalen Health Literacy Population Survey 2019-2021 (HLS19): „Gesundheitskompetenz lässt sich leichter beeinflussen als andere soziale Gesundheitsdeterminanten”.

Prof. Dr. Doris Schaeffer und Dr. Eva Maria Berens, Studienleiterinnen des Health Literacy Survey: Germany 2 (HLS-GER), Interdisziplinäres Zentrum für Gesundheitskompetenzforschung (IZGK) der Universität Bielefeld: „Es besteht großer Handlungsbedarf, die Gesundheitskompetenz zu verbessern”.

Autor/in

Simone Köser