Prävention chronischer Erkrankungen
Soziale Teilhabe schützt die Gesundheit
Eine Studie von Santini et al. (2020) untersucht den Zusammenhang von aktiver Mitwirkung in Organisationen oder Vereinen und der Entwicklung chronischer Erkrankungen. Das Ergebnis zeigt, dass diese Art von sozialer Teilhabe als Schutzfaktor gegen das Auftreten oder die Entwicklung chronischer Erkrankungen durch eine verbesserte psychische Gesundheit wirkt.
Die psychische Verfassung spielt eine wichtige Rolle für das Gesundheitsverhalten, beispielsweise bei der Ernährung und Bewegung oder bei Risikoverhalten wie Tabak-, Alkohol- und Drogenkonsum. Dies kann sich auf die körperliche Gesundheit und das Risiko der Entwicklung nichtübertragbarer Krankheiten (non-communicable diseases, NCDs) auswirken. Depressionen können beispielsweise die Motivation verringern oder hemmen, sich gesund zu verhalten oder die eigene Gesundheit zu priorisieren.
Umgekehrt kann eine hohe Lebensqualität die Gesundheit fördern, indem sie den Menschen ein Gefühl von Optimismus und Energie vermittelt, sich auf gesunde Verhaltensweisen einzulassen. Daher kann die psychische Gesundheit eine wichtige Rolle im Zusammenhang zwischen formeller sozialer Teilhabe und dem Gesundheitszustand spielen.
Als formelle soziale Teilhabe definieren die Autoren die aktive Interaktion mit Organisationen z.B. die aktive Teilnahme innerhalb von Freiwilligenorganisationen, Bildungseinrichtungen, Vereinen, Organisationen oder politischen Gruppen im Gegensatz zur informellen sozialen Teilhabe, unter der die engen sozialen Bindungen und persönlichen Beziehungen eines Individuums mit Freunden, Familie, Verwandten, Nachbarn, Arbeitskollegen usw. verstanden werden.
Ziel dieser Studie war es, den direkten Zusammenhang zwischen formeller sozialer Teilhabe und chronischen Erkrankungen zu untersuchen. Weiterhin wurde die Mediatorfunktion von psychischer Gesundheit - bezogen auf Depressionen und Lebensqualität - zwischen formeller sozialer Teilhabe und chronischen Krankheiten erforscht. Dazu wurden die national repräsentativen Daten aus drei aufeinander folgenden Wellen der Jahre 2011, 2013 und 2015 der Umfrage zu Gesundheit, Alter und Ruhestand in Europa (SHARE) analysiert. Dabei handelt es sich um Daten von rund 29 000 Erwachsene aus 12 europäischen Ländern ab 50 Jahren zu Studienbeginn.
Es konnten zwei signifikante longitudinale Mediationsmuster identifiziert werden: Formelle soziale Teilhabe sagt ein höheres Maß an Lebensqualität voraus, was wiederum ein niedrigeres Maß an chronischen Erkrankungen prognostizierte. Weiterhin prognostizierte formelle soziale Teilhabe ein geringeres Maß an depressiven Symptomen, was wiederum auch ein geringeres Maß an chronischen Erkrankungen vorhersagte.
Das Autorenteam kommt zu dem Ergebnis, dass die formelle soziale Teilhabe als Schutzfaktor gegen das Auftreten oder die Entwicklung chronischer Erkrankungen wirkt. Dieser Zusammenhang ist teilweise auf eine verbesserte Lebensqualität und verminderte depressive Symptome zurückzuführen. Oder, um es noch eingängiger zu formulieren: Aktiv zu werden, soziale Kontakte zu knüpfen und sich auch über den privaten Bereich hinaus zu engagieren, kann dabei helfen, die geistige und körperliche Gesundheit im Allgemeinen und im Alter zu erhalten.
Die Ergebnisse legen deshalb nahe, bei Strategien zur Förderung eines aktiven und gesunden Alter(n)s einen Schwerpunkt auf formelle soziale Teilhabe zu setzen.
Hier gelangen Sie zur gesamten englischsprachigen Studie von Santini et al. "Formal social participation protects physical health through enhanced mental health: A longitudinal mediation analysis using three consecutive waves of the Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe (SHARE)" (PDF).