Soziale Ungleichheit und Gesundheit

Geringere soziale Ungleichheit - längeres und gesünderes Leben

Auch in einkommensstarken Ländern bestehen soziale Ungleichheiten in Bezug auf die Mortalität, selbst wenn die Gesundheitsversorgung für die gesamte Bevölkerung zugänglich ist. Eine kürzlich in „The Lancet Public Health“ veröffentlichte Studie von Dugravot et al. (2019) untersucht, ob soziale Ungleichheiten bereits vor oder erst nach dem Auftreten von gesundheitlichen Problemen vorlagen.

Menschenmenge in Innenstadt
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Die Analyse basierte auf Daten der laufenden Whitehall II-Kohortenstudie, an der 10.308 britische Beamte im Alter von 35 bis 55 Jahren im Zeitraum 1985 bis 1988 teilnahmen. Die Teilnehmenden wurden im Alter ab 50 Jahren auf drei Indikatoren für den sozioökonomischen Status (Bildung, berufliche Stellung und Gesundheitskompetenz) untersucht und durchliefen eine strukturierte klinische Untersuchung. Diese Untersuchungen werden ca. alle 5 Jahre wiederholt, zuletzt im Jahr 2017.

Ergebnisse

6.425 Personen der Whitehall II-Kohorte wurden in die Analyse einbezogen. 26,4% dieser Personen entwickelten eine Multimorbidität, 27,0% zeigten Anzeichen einer „Frailty" (altersbedingter Kraftverlust, der u.a. mit Müdigkeit, Gewichtsverlust, Einbußen der Gehfähigkeit einhergeht), bei 10,8% lag eine Behinderung vor und 9,5% verstarben. Die Analysen zeigten, dass Multimorbidität, Frailty und Behinderung mit einem erhöhten Mortalitätsrisiko verbunden waren. Diese Zusammenhänge wurden durch den sozioökonomischen Status nicht beeinflusst.

Durch Multistate-Modelle (Analyse mehrerer Faktoren) fand man heraus, dass die Beschäftigungsstufe der sozioökonomische Statusindikator war, der am stärksten mit Ungleichheiten beim Übergang von einem gesunden zu einem gesundheitsgefährdenden Zustand assoziiert werden konnte. Menschen einer niedrigen Beschäftigungsstufe entwickelten die genannten gesundheitlichen Probleme häufiger als Menschen einer höheren Beschäftigungsstufe. Bei Personen, die eine Multimorbidität, Frailty oder Behinderung entwickelten, hatten sozioökonomische Statusindikatoren im Zusammenhang mit der Mortalität keinen Einfluss.

Was bedeutet das?

Ein niedriger sozioökonomischer Status erhöht zwar das Risiko von Multimorbidität, Frailty und Behinderung, hingegen wird das Sterblichkeitsrisiko nach dem Einsetzen dieser gesundheitlichen Probleme aber nicht beeinflusst. Dies bedeutet, dass die Primärprävention der Schlüssel zum Abbau sozialer Ungleichheiten bzgl. des Mortalitätsrisikos ist. Der stärkste Zusammenhang konnte bei dem Kriterium der Multimorbidität gefunden werden. Die Prävention von Multimorbidität wird damit zu einem zentralen Ziel zur Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung.

Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass Multimorbidität aufgrund der hohen Prävalenz und des starken Zusammenhangs mit der Mortalität ein besonders wichtiges Präventionsziel für die öffentliche Gesundheit ist. Zwar steigt die Prävalenz der Multimorbidität mit dem Alter - aber sie kann auch jüngere Menschen betreffen. Ein besseres Monitoring der Multimorbidität und rechtzeitiges Intervenieren können zu einer Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung beitragen - auch in Ländern mit hohem Einkommen.

Hier gelangen Sie zur vollständigen englischsprachigen Studie „Social inequalities in multimorbidity, frailty, disability, and transitions to mortality: a 24-year follow-up of the Whitehall II cohort study" von Dugravot et al. (2019).

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