Männer leben durchschnittlich fünf Jahre weniger

Sind Männer seit jeher Gesundheitsmuffel?

Männer leben heute in Deutschland durchschnittlich fünf Jahre weniger als Frauen. Prof. Dr. Martin Dinges gibt einen Einblick, wie sich die Lebenserwartung und Gesundheitskompetenz von Männern historisch entwickelt haben.

Noch um 1800 wurden Männer als das kräftige, gesunde Geschlecht angesehen, während Frauen als schwach und zur Krankheit neigend beurteilt wurden. Dieses Bild hat sich gewandelt. Heute wird moniert, dass Männer weniger häufig auf die Signale ihres Körpers hören, sich ungesünder ernähren und zu wenig bewegen sowie dass sie seltener gesundheitliche Vorsorge betreiben. Ein Blick zurück in die Geschichte liefert Gründe für diese Entwicklung.


Lebenserwartung und Gesundheitsverhalten im Laufe der Zeit

Um 1850 lag die Lebenserwartung für Männer und Frauen noch etwa gleich hoch, bei rund 40 Jahren. Bis zum Jahr 1900 stieg sie dann bei Frauen schneller, auf 48,3 Jahre; Männer lebten in dieser Zeit rund dreieinhalb Jahre weniger. "Die Männer kamen mit der Arbeitsmigration in die Städte, den Wohnverhältnissen, den gefährlicheren Arbeitsplätzen und mit der Armut schlechter zurecht", so Prof. Dr. Dinges vom Institut für Geschichte der Medizin der Robert Bosch Stiftung.

Bis 1950 erhöhte sich die Lebenserwartung beider Geschlechter um rund 20 weitere Jahre. 1980 betrug die der Frauen bereits 76,2 Jahre. Die Lebenserwartung der Männer war - im Höhepunkt des Geschlechterunterschieds - 6,6 Jahre niedriger.

Seither ist die Lebenserwartung weiter gestiegen. Bei Männern liegt die Lebenserwartung nach aktuellen Rechnungen bei 78,2 Jahren. Frauen werden durchschnittlich 83,1 Jahre alt (Statista 2017, o.S.). "Die wichtigsten Verbesserungen der Gesundheitsverhältnisse (...) - Grundschulbildung, Ernährung, Wasserent- und -versorgung sowie Haushalts- und Geburtshygiene und Impfkampagnen - kamen Frauen und Männern ungefähr gleich viel zugute" (Dinges, 2017, S. 3).

Die Differenz in der Lebenserwartung von Männern und Frauen hat sich seit 1980 wieder verringert - von 6,6 auf 4,9 Jahre. Gründe dafür liegen u.a. darin, dass risikoreiches Verhalten, wie Rauchen und Autofahren, heute nicht mehr als männliches Privileg gelten. Darüber hinaus haben sich traditionelle Rollenmuster, wie Säuglingsvorsorge, Haushaltshygiene und (gesunde) Ernährung der Familie aufgeweicht und bei Männern einen Zuwachs an Gesundheitskompetenzen erwirkt.


Zielgruppengerechte Gesundheitsförderung

Die historischen Lebensumstände haben die Gesundheit von Männern und Frauen maßgeblich geprägt. Prof. Dr. Dinges weist darauf hin, dass sich die öffentliche Gesundheitsvor- und Fürsorge, die sich früher für Männer wenig interessiert hat, nun Mittel und Wege finden muss, um adäquate Zugangswege zu dieser Zielgruppe herzustellen. Die spezielle Gesundheitssituation von Männern und die Hintergründe für ihr Gesundheitsverhalten müssen dabei berücksichtigt werden. "Wertet man die männlichen Adressaten drastisch ab", so Prof. Dr. Dinges, "wird man schwerlich Gesundheitsbotschaften erfolgreich transportieren können" (2017, S. 4).

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